Wir Menschen sind Informationsfluten gewohnt. 166 Milliarden E-Mails täglich, mindesten 1 Billion Webseiten weltweit und über 10.000 Werbekontakte am Tag. Im Laufe der letzten Jahre haben wir gelernt, die für uns wenig relevanten Informationen ohne Weiteres auszublenden und die erschlagenden Fluten gekonnt zu umschiffen. Die Folge für Unternehmen: Selbstdarstellerische Produktwerbung wird für Kunden zunehmend uninteressanter und macht Marken austauschbar. Die Lösung: Storytelling. Was nach einem alten Hut klingt, ist heute wieder im Munde eines jeden Marketers. 

Was macht Storytelling aus?

Jeder Mensch liebt spannende Geschichten, sei es in Form von dicken Schmöckern oder den Blockbustern am Sonntag Abend, die uns in aufregende Erzählungen eintauchen und mit den Protagonisten mitfühlen lassen. Geschichten, die uns vom ersten Augenblick an fesseln und dem Außenstehenden erlauben, Teil der inszenierten Welten zu werden. Oder noch besser: Aktiv mitzugestalten. Das ist Storytelling. Die Weitergabe von Informationen, verpackt in eine Geschichte, die uns Menschen zum Nachdenken, Mitfühlen und Weitererzählen bewegen. Viele erfolgreiche Werbekampagnen, online und offline, können ihren Erfolg auf das Storytelling zurückführen, sei es durch charakteristische Protagonisten, emotionale Geschichten oder virale Inhalte.

Im Gegensatz zu vielen weiteren Buzzwords der heutigen Zeit, impliziert das Storytelling die Herangehensweise für Marketer gleich in seinem Namen und ist somit keines der theoretischen Gerüste zahlreicher Werbestrategien. Der Begriff ist nahe am Menschen und macht Werbung dieser Form grade deswegen so effizient. Die große Herausforderung: Wie konditioniere ich meine Marke mit den vermittelten Gefühlen der Geschichte? Während sich die Konsumenten kaum für eure Marketingziele interessieren dürften, sind ja grade diese der ursprüngliche Auslöser für die Umsetzung einer Storytelling-Kampagne. Es gilt also nicht den Fokus auf Produktabbildungen und aggressive Rabattstrategien zu setzten; vielmehr muss ein gekonnter Seilakt zwischen Markenbotschaft und der erzählten Geschichte gemeistert werden. Springt der Funke erst einmal auf den Kunden über, kann sich Storytelling wie ein Lauffeuer verbreiten. Schaut selbst.

Zum dahinschmelzen? Dann geht es euch nicht anders als den 60 Millionen Menschen die “Puppy Love” bereits auf YouTube angeklickt haben. Die Super Bowl Werbung von Budwiser ist wohl genauso herzlich wie überraschend, hatte wohl keiner geahnt, dass die Kampagne von einer Biermarke inszeniert wurde. Durch die unaufdringliche Einblendung des Logos zum Ende hin, sowie der Hashtag #BestBuds, wird die Balance zwischen Unternehmensbotschaft und Geschichte optimal gehalten. Budwiser gleich Freundschaft; so funktioniert Corporate Branding.

Wer bist du, und was macht dich besonders?

Wie bereits erwähnt (Unternehmensblindheit lässt grüßen) sind Marketingziele für den Kunden so bedeutungslos wie ein umgefallener Sack Reis in China. Die Macht ist mit dem Konsumenten. Eine Geschichte steht oder fällt mit ihm. Sucht er nach Informationen, kann er das überall und zu jederzeit tun. Bewaffnet mit dem Internet als treuen Begleiter und den schnellen Reaktionszeiten des World Wide Web, werden Medien zunehmend vergleichbar. Und zum Leidwesen vieler Unternehmen auch austauschbar. Die Verpackung der Informationen trägt also einen entscheidenden Teil dazu bei, die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen.

Der Weg zum erfolgreichen Storytelling liegt in der Aufgabe eine unverwechselbare Markenidentität zu schaffen und mittels charakteristischer Merkmale das Empfinden außenstehender Bezugsgruppen in eine gewünschte Richtung zu lenken. Dabei steht die geschaffene Persönlichkeit in einer wechselseitigen Beziehung zum externen Fremdbild, ist also umso stärker, je mehr die geschaffene Identität mit der Wahrnehmung der Kunden übereinstimmt. Ein Paradebeispiel für erfolgreiches Corporate Branding: Nivea. Die weltweit vertriebene Marke verkauft seid mehr als 100 Jahren weniger ihre Pflege, als vielmehr das Gefühl von Vertrauen, Geborgenheit und Sicherheit. Und der Funke ist übergesprungen. Nicht zuletzt durch konsistentes und emotionales Storytelling gelang es dem Konzern Beiersdorf die Marke zum heutigen Marktführer zu machen.

Über welche Eigenschaften verfügt mein Unternehmen? Welche Lösungen biete ich dem Kunden? Für was steht meine Marke? Wie werden wir vom Kunden wahrgenommen? Mit der Identität eines Unternehmens verhält es sich ähnlich wie bei der Persönlichkeitsentwicklung der eigenen Person. Es ist ein Einfaches sich durch das Umfeld formen und vom Strom mitreißen zu lassen. Genauso ist es ein Einfaches andere Unternemen zu kopieren und Design, Werte und Identität ohne Weiteres zu übernehmen. Hierbei bleiben jedoch eigene Stärken und Überzeugungen vollends auf der Strecke. Eine authentische Markeidentität ebnet nicht nur den Weg für eine starke Storytelling-Kampagne, sondern ist die entscheidende Grundlage für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens.

Der richtige Kanal für das Storytelling?

Storytelling findet überall dort statt, wo euer Unternehmen präsent ist. Print, Radio, TV, Web, in sozialen Netzwerken, aber auch im eigenen Geschäft. Für den Erinnerungswert einer Geschichte ist dabei weniger die Plattform als vielmehr die Idee und Umsetzung dahinter relevant, um Botschaften leicht verständlich, stringent und medienübergreifend zu kommunizieren. Der eigene Unternehmensblog ist innerhalb des digitalen Marketings Dreh- und Angelpunkt für das Storytelling und die Schnittstelle für das Aufeinandertreffen von texten, Bildern, Videos und Social Media. Packende, emotionale Geschichten bieten hier die besten Voraussetzungen viral zu werden. Die regelmäßige Pflege des Corporate Blogs (auch hier ist Geduld gefragt) schafft es bestenfalls eine Community um eure Marke aufzubauen und treue Fans zu gewinnen.

Storytelling: Idee geht über Budget.

Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass mit Millionenbudget die Werbekampagnen zum Selbstläufer werden. Oder könnt ihr euch noch an die Werbeunterbrechung während des letzten Spielfilms erinnern? Richtig, ich auch nicht! Authentizität, Kreativität und die Relevanz für die Zielgruppe entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Das beginnt bei der eigenen Webseite, weiter über die Social Media Kanäle und reicht bis zur Kommunikation im eigenen Geschäft. Eine stringente Geschichte macht den Erinnerungsfaktor des Unternehmens aus.

Was die Flugpassagiere nicht wollen: Noch eines der altbekannten Fligt Safety Videos, die von den meisten Gästen mit einem Gähnen abgestraft werden. Delta Air Lines hat auf die Reaktionen der Passagiere reagiert und ihre Flugregeln mit Witz und Unterhaltung verpackt.

Was können wir vom Storytelling lernen?

  • Eine Story gibt die Insights des Kunden wieder, nicht die eigenen Marketingziele. In welcher Situation befindet sich meine Zielgruppe? Was ist seine Motivation? Und was wiederum sind seine Befürchtungen? Geschichten bilden einen Kontext um die Werbebotschaft herum und sorgen somit für die Sympathie.
  • Charakteristische Protagonisten machen eine Geschichte erlebbar. Die Identifikation mit dem Helden und der gebauten Erlebniswelt schafft Vertrauen und vermittelt gleichzeitig die Werte des Unternehmens. Dabei sollte die Art der Geschichte zum Gesamtbild des Unternehmens passen. Authentizität ist der Schlüssel zum Erfolg.
  • Eine gute Geschichte begeistert die Menschen, auch über Jahre hinweg. Der Coca-Cola Weihnachtstruck besucht uns jedes Jahr aufs Neue und vermittelt Besinnlichkeit und Freude für das anstehende Fest. Nur so bleibt eine Story in Erinnerung und wird von den Kunden weitergetragen.
  • Sobald Kunden einen Bezug zu der Geschichte aufbauen wird diese erlebbar. Jimdo, ein Anbieter für Website-Baukästen, stellt in seiner gesamten Kommunikation eine Alltagsrelevanz zur Zielgruppe her. Die Marke wird somit in das direkte Umfeld der Kunden übertragen.
  • Virale Werbekampagnen verbreiten sich wie ein Lauffeuer durch die sozialen Netzwerke; Konsumenten stehen im ständigen Austausch mit relevanten Marken, sodass ein starkes Storytelling die Grundlage für das Teilen, Liken und Kommentieren der Inhalte ist.
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